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13. Juli 2020

Die meisten Menschen sehen in Jeans wohl einfach nur ein mehr oder weniger modisches Kleidungsstück, das sie gerne tragen oder nicht. Wenige Menschen entdecken in Jeans auch etwas ganz anderes. Eine davon ist Anna Weber.

Anna ist Denim-Künstlerin und nutzt als Rohmaterial für ihr Schaffen nicht etwas Pinsel und Farbe, nein ihr Material ist Bekleidung – und zwar fast ausschließlich die Jeans. Dafür kommen die Jeans entweder als ganzes am Stück, oder, falls es sich um ausrangierte Teile handelt, in ihren einzelnen Bestandteilen in Form von einzelnen Fäden zum Einsatz.

Uns von fairjeans haben es ganz besonders die Denimheads angetan. Das sind Charakterköpfe, die fast ausschließlich aus Jeans entstanden sind. Hier seht ihr Denimhead „Giovanni“.

Denimhead "Giovanni"

Ursprünglich hat Anna Weber Mode-Design in Reutlingen studiert und arbeitet heute als Designerin für eine bekannte deutschen Jeans-Marke. Neben ihrem Haupt-Job kreiert sie in ihrer Freizeit einzigartige Bilder, fast allesamt aus Jeans.

Anna kombiniert in ihrer Kunst ihre zwei größten Leidenschaften. Woher die Ideen zu ihren Arbeiten kommen, ist naheliegend, denn sie liebt die Mode, vor allem die Jeans. Doch auch Malen und Zeichnen gehören zu ihren liebsten Tätigkeiten. Also kam sie auf die Idee alles zu verbinden und ihrer Kreativität in genau dieser Richtung Ausdruck zu verleihen. Und ganz im Sinne der Nachhaltigkeit hat sie sich etwas ganz Neues einfallen lassen. Sie nutzt Dinge, die sie sowieso schon besitzt, vor allem aus ihrem Lieblingsmaterial - Jeans. Ihre Bilder sind aus ganzen Bekleidungsstücken drapiert. Die Jeans dafür zu zerschneiden wäre nicht in ihrem Sinne, denn dann würde ja ein intaktes Kleidungsstück zerstört. Und das widerspräche wiederum Annas Anspruch an die Nachhaltigkeit ihrer Kunst. Anna ist es wichtig, die Bilder nur für einen Moment zu erschaffen, indem sie die Bekleidung aus ihrem gewöhnlichen Umfeld heraus nimmt und anderweitig verwendet, jedoch ohne sie dabei zu beschädigen. So kann sie die Jeans, die sie zuvor zu einem Bild gelegt hat, später wieder tragen. Anna mag auch die Vorstellung, dadurch fast selbst ein Teil des Bildes zu sein.

Denim beherbergt eine Vielseitigkeit, mit verschiedenen Feinheiten und Schattierungen, die sonst kaum einem Stoff innewohnt. Die volle Bandbreite des Materials kommt in ihren Bildern zum Ausdruck. So hebt Anna den Denim durch ihre Kunst auf ein neues Level.

Durch Animation der Bilder entstehen auch Video-Clips. Mit einer ihrer Arbeiten hat sie es sogar bis auf die Titelseite des bedeutenden Modemagazins „Sportswear International“ geschafft.

Wir von fairjeans haben Annas Arbeiten auf einer Modemesse entdeckt und sie haben uns, die wir ja auch Jeans-Liebhaber sind, gleich fasziniert. Wir fanden die ausgestellten Bilder einfach klasse. Und uns hat die Art der Umsetzung gefallen. Und nicht zuletzt hat uns das konzept des Upcycling geschaffen, das in ihrer Denim-Kunst zum Ausdruck kommt. Denn was ist nachhaltiger, als auch in der Kunst Post-Consumer-material einzusetzen? Nachhaltige Jeans Kunst sozusagen. Also haben wir mit Anna Kontakt aufgenommen und sie kurzerhand um ein Interview gebeten. Hier gibt sie nun euch und uns einen genaueren Einblick in ihre Inspiration und Schaffensweise.

Im Interview haben wir Anna einiges Fragen gestellt.
Die Antworten darauf möchten wir hier gerne mit euch teilen.

FJ: Anna, wer bist du und was machst du?

AW: Ich bin hauptberufliche Designerin und entwerfe Jeans für ein deutsches Modeunternehmen. In meiner Freizeit tobe ich mich gerne kreativ aus und nutze vor allem Jeansreste dafür.

FJ: Wo kommst du her, wie alt bist du und wie kam es bei dir dazu, mit Jeans zu arbeiten?

AW: Ich bin 1989 in Pforzheim geboren und in dem beschaulichen Städtchen Heimsheim bei Pforzheim aufgewachsen. Ich war schon von klein auf kreativ gewesen und habe gemalt und gebastelt was das Zeug hält. Mir war von Anfang an klar, dass ich später mal einen kreativen Beruf ausüben möchte und ich habe mich letztendlich für die Modebranche entschieden. 2012 startete ich mit meinem Textil-/Modedesign Studium an der Hochschule Reutlingen. Meine Faszination gegenüber Jeans habe ich während meiner Bachelor-Arbeit entdeckt. Ich kreierte eine eigene Jeans-Kollektion und durfte diese in der Wäscherei CHT in Tübingen waschen und veredeln lassen. Als ich den Prozess gesehen habe, der hinter einer schön gewaschenen Jeans steckt, bin ich aus allen Wolken gefallen. Nie hätte ich gedacht, dass so viel Aufwand (und vor allem so viel Wasserverbrauch) hinter einer Jeanswäsche steckt. Meine Neugier war geweckt und ich wollte unbedingt in der Jeans Branche arbeiten um mehr über dieses vielseitige Material zu erfahren und zu lernen. Gleichzeitig hatte ich auch das Bedürfnis, ein Teil der Veränderung zu sein um Jeans nachhaltiger zu gestalten, denn ich denke da gibt es noch viel Potenzial.

FJ: Dein Umgang mit den Jeans ist ein sehr künstlerischer. Was war deine Inspiration und wie hast du deine Art zu gestalten gefunden?

AW: Die Idee, aus Kleidung Bilder zu legen, entstand zugegeben aus der Not heraus während meines Studiums. Wir hatten ein freies künstlerisches Projekt und ich wollte etwas mit Malerei und Mode machen. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt meine Farben aufgebraucht, und ich war knapp bei Kasse. Deswegen überlegte ich mir, Dinge zu benutzen, die ich schon hatte. Ich wollte aber auch nichts kaputt machen, weil ich nicht viel besaß. Nach einigem Überlegen, ging ich zum Kleiderschrank und fing an, mit meinen Klamotten zu experimentieren. Dabei entstanden meine ersten Kleiderbilder, mit buntgemischter Kleidung. Not macht eben erfinderisch.

Erst später – 2018 – übersetzte ich dieselbe Idee mit Jeanshosen und bekam sofort positives Feedback.

Eine wichtige Inspiration zu meiner Idee waren übrigens auch die Gemüse- und Obst Portraits des Künstlers Giuseppe Arcimboldo – der Gesichter zusammengesetzt aus Gemüse und Obst malte.

Die Idee, mit Jeansfäden zu arbeiten war dann einfach eine neue Idee, entstanden durch das Arbeiten an den Jeansbildern.

FJ: Wie entstehen deine Arbeiten genau? Und wie lange brauchst du für ein Bild?

AW: Die Hosenbilder entstehen eigentlich erst dann, wenn man sie von oben betrachtet. Bevor ich das Bild lege, schaue ich mir jedes Teil der Hose genau an. Ich wende es oder stülpe es um. Dabei überlege ich mir, welches Teil wie eine Nase, welches wie ein Ohr aussehen könnte und welches Teil ich als Mund verwenden könnte. Ich trenne die Hosen nach Farben (dunkelblau/mittelblau/hellblau). Die tieferen Stellen des Gesichts sind dunkler, die höher liegenden Punkte heller. So schichte, verdrehe und verwebe ich dann die verschieden blauen Jeans über- und ineinander, bis sie von oben betrachtet ein Bild ergeben.

Für die Augen verwende ich weiße und schwarze Socken.

Nachdem ich das Bild fertig gelegt und fotografiert habe, löse ich es wieder auf. Ich fixiere die Jeansbilder nicht.

Der Ausdruck, wie z.B. das Gesicht eines Denim Heads, würde seine Leichtigkeit verlieren und starr werden. Zudem verliert es für mich dann den Sinn, ganze Hosen zu verwenden. Sobald ich die Hosen endgültig fixiere, mache ich sie gleichzeitig kaputt. Dann könnte ich auch zerschnittene Hosen/Stoffreste verwenden. Dies wäre aber am Ende eine ganz andere Arbeit. Denn dann wären vormals noch intakte Hosen zerstört oder zumindest nicht mehr zum Tragen geeignet.

Das Besondere an meinen Werken ist, dass sie - wie eine Erinnerung - nur für einen zeitlich begrenzten Moment existieren, um sich danach wieder in ein alltägliches und nutzbares Produkt aufzulösen. Somit habe ich mit meiner Kunst 0% Material investiert und gleichzeitig 0% Abfall hinterlassen. Das ist mir sehr wichtig.

Die Menschheit ist sehr materiell orientiert. Meine Werke kann man nicht besitzen, nur als Erinnerung in digitaler Form als Fotografie oder Video.

Mit meiner Arbeit möchte ich die Menschen damit auffordern, diesen einen besonderen Moment wahrzunehmen und wertzuschätzen und im Jetzt zu leben.

FJ: Du brauchst viel Geduld für die Gestaltung deiner Werke, oder? Woher nimmst du sie und wie lange dauert es bis ein Bild fertig ist?

AW: Die Geduld dafür habe ich tatsächlich nicht immer. Dazu muss ich in der richtigen Stimmung sein. Und wenn ich dann mal voll im „Flow“ bin, dann passiert alles von alleine. Das kreative Arbeiten wirkt sich bei mir sehr meditativ aus und ich fühle mich danach total relaxed und gut. Vor allem aber macht es mir einfach sehr viel Spaß.

Wie lange es dauert, ein Bild zu legen kann ich nicht vorhersagen. Je nach Größe des Bildes und dessen Komplexität dauert es unterschiedlich lange. Für einen Jeanskopf zum Beispiel brauche ich im Schnitt eine Stunde. Für ein Landschaftsbild aus mehreren Teilen sind es schon mal 4 Stunden. Manchmal brauche ich auch den ganzen Tag. Wenn ich für mich selbst arbeite, tue ich das am liebsten so langsam und gut wie möglich. Das ist für mich der perfekte Gegenpol zum schnelllebigen Alltag und ist die pure Entschleunigung.

FJ: Hast du ein künstlerisches Vorbild?

AW: Tatsächlich habe ich kein direktes künstlerisches Vorbild. Ich interessiere mich sehr für die Techniken und Herangehensweisen anderer Künstler und gehe regelmäßig auf Ausstellungen oder Messen - wie zum Beispiel die Biennale in Venedig oder die Kunstmesse in Berlin - um mich zu inspirieren. Ich schreibe mir oft Namen von Künstlern auf, die ich spannend finde und sammle interessante Fotos von Kunst/Objekten/Textilien etc. Ich habe ein Skizzenbuch, in das ich vieles aufschreibe, skizziere oder Fotos kollektiviere – eben alles was mir so in den Sinn kommt, oder was mich gerade inspiriert – der Inhalt ist aber Top-Secret (-;

FJ: Welches ist dein persönliches Lieblingsbild?

AW: Ich mag das Bild „Denim Trees“ und das Denim Mobile Phone tatsächlich sehr gerne.

 Denim Trees by Anna Weber

FJ: Was wird Dein nächstes Projekt?

AW: Das nächste Projekt wird ein freies Projekt und ist bereits in Planung. Ich werde es wahrscheinlich erst nächstes Jahr veröffentlichen. Genaueres möchte ich im Moment aber noch nicht sagen.

FJ: Was möchtest du in deiner künstlerischen Laufbahn unbedingt noch verwirklichen, evtl. auch zu einem späteren Zeitpunkt?

AW: Eines Tages in einem renommierten Kunstmuseum ausgestellt zu werden und ein eigenes Atelier zu haben wäre toll.

FJ: Was sind deine Zukunftspläne?

AW: Ich habe bereits ein Kleingewerbe, würde aber in Zukunft gerne komplett selbständig arbeiten können – als Designerin und Künstlerin. Den Sprung ins kalte Wasser habe ich bis jetzt noch nicht gewagt, aber ich arbeite daran.

Vielen Dank, liebe Anna für das Interview, in dem wir ganz genau erfahren durften, wie genau du arbeitest. Wir sind gespannt auf dein nächstes Projekt. Bitte halte uns auf dem Laufenden. Bis dahin erfreuen wir uns an den Denimheads, die es ja zum Glück bis in den Aufsteller vor unserer Ladentür geschafft haben.

Wenn ihr Lust bekommen habt, mehr über Anna Weber und ihre Arbeiten zu erfahren oder euch vielleicht sogar einen Denimhead an die Wand hängen wollt, geht’s hier zu ihrer Website mit Onlineshop.
Oder ihr folgt Anna auf facebook oder Instagram.

 

Die Kunstwerke wurden fotografiert von Anna Weber und sind urheberrechtlich geschützt.

Die Fotos zum Entstehungsprozeß der Denimheads wurden fotografiert von Pablo Berman und sind urheberrechtlich geschützt.

Das Interview haben wir schriftlich geführt am 6.7.2020.